Rundgang durch die Kirche
An Stelle der heutigen Kirche standen bereits zwei kleinere Vorgängerkirchen. Die im Mittelalter erbaute und der heiligen Walpurgis geweihte Kapelle, nach der Reformation als lutherisches Gotteshaus genutzt, wurde um 1600 abgerissen und durch einen Fachwerkbau ersetzt. Da dieser Bau Ende des 17. Jahrhunderts baufällig und zu klein geworden war, beabsichtigte die Gemeinde eine neue Kirche zu bauen.
Die Bauarbeiten begannen 1717, 1718 wurde bereits das Richtfest gefeiert: In der Bürgermeisterrechnung von 1718 heißt es dazu: „bey steckung des straußes auf die Neu aufferbaute lutherische Kirch ahn Wein und Brandewein bey Johann Georg Kitz abgehohlt vor 1 fl. 28 Kr.“ Am 15. Januar 1719 fand die feierliche Einweihung der Kirche statt.
Nach der Vereinigung der lutherischen und reformierten Kirchengemeinden im Jahre 1860 wurde aus der ehemaligen „lutherischen“ die „evangelische“ Kirche.
Der Bauentwurf für die Kirche stammt von dem hiesigen Einwohner Johann Wilhelm Dettler, der als Maurermeister auch den Bau ausführte. Dettler – in Rodheim geboren – war Spross einer verzweigten Bau- und Maurermeisterfamilie. Sein Name und die Jahreszahl 1719 sind auf dem Sandsteinbogen über dem Haupteingang der Kirche eingemeißelt. Johann Wilhelm Dettler erlebte die Einweihung der Kirche allerdings nicht mehr. da er bereits am 24.08.1718 starb. Ein Verwandter brachte die Arbeiten zum Abschluss.
Bis auf kleine Veränderungen im Inneren befindet sich unsere Kirche noch im Originalzustand.
Kreuzigungsbild über dem Altar
Beim Betreten der Kirche fällt der erste Blick auf das Kreuzigungsbild über dem um eine Stufe erhöhten Altar. Jesus am Kreuz, links unter dem Kreuz seine Mutter Maria, vor dem Kreuz knieend die weinende Maria Magdalena, rechts unter dem Kreuz der Jünger Johannes. Tiefe Wolken berühren fast die Erde, doch von dem Körper Christi geht in der dunklen Todesstunde ein Licht aus. Das Bild wurde 1721 von dem Homburger Hofmaler Johann Jakob Hauck in Öl auf Leinwand gemalt wie die Signatur ausweist.
Im linken und rechten oberen Teil des Altaraufbaus weisen die Zahlen 17 und 19 auf das Einweihungsdatum der Kirche hin.
Blätterornament
mit ovalem Gottvaterbild über dem Kreuzigungsbild. Das Blätterornament in Form eines dreiseitigen Dreieckes, ein Symbol für die Dreifaltigkeit – Vater, Sohn und heiliger Geist – wurde 1721 von Arnold Waldhaber, einem einheimischen Schreinermeister, gearbeitet. Es umrahmt das ovale Gottvaterbild, in Öl auf Leinwand gemalt. In der linken Hand hält Gottvater die Weltkugel mit dem Kreuz, als Zeichen seiner Allmacht aber auch ein Zeichen der Versöhnung durch das Kreuz Christi.
Bilder an der Orgelempore
Sechs Bilder an den Füllungen der Orgelempore Die auf Holz gemalten Ölbilder stammen von einem unbekannten Künstler. Für 9 Gulden „illuminierte“ er 1735 die Orgelempore. Dargestellt sind die Glaubensväter aus dem Alten Testament. Links vom Altar: Abraham, Noah, Salomon. Rechts vom Altar: David, Samuel, Josua.
Taufstein
Links vom Altar steht der Taufstein aus schwarzem Marmor mit grauer Maserung. Der Steinmetz, der ihn 1743 gefertigt hat, ist leider unbekannt. Am Mittelteil des Fußes steht die Jahreszahl der Herstellung. Darunter wird auf eine Bibelstelle des Neuen Testaments hingewiesen: MT 3, 13 ff (= Evangelium nach Matthäus Kapitel 3, Vers 13 folgende).
Vergitterte Kirchenstände
Im Altarraum befinden sich zwei vergitterte Kirchenstände. Der linke war den Kirchenvorstehern vorbehalten (heute sitzen die Kirchenvorsteher im Kirchenschiff), der rechte um den Kanzelaufgang herum ist der Pfarrerstand.
Vortragekreuz
An dem Gittergestühl neben dem Taufstein hängt das alte Kreuz, das früher den Trauerzügen vorangetragen wurde, heute wird es nicht mehr verwendet. Seine Bemalung wurde originalgetreu restauriert.
Holzcorpus
An der linken Wand zwischen Fenster und Gittergestühl fällt der Blick auf eine alte Darstellung Christi am Kreuz. Jesus ist dargestellt ohne Arme und Füße. Wir, die Gemeinde Christi, sollen seine Füße und Hände sein und seine Botschaft verbreiten, wie es in einem Kirchenlied heißt. Das Kreuz hing vermutlich schon in einer der Vorgängerkirchen.
Gefallenenbuch
Das Buch unter dem Holzcorpus beinhaltet die gefallenen Burgholzhäuser beider Weltkriege und soll ein Zeichen des Gedenkens aber auch der Mahnung sein.
Die Kanzel
Rechts vom Altar an der seitlichen Wand befindet sich die Kanzel. Der Schalldeckel ist als Krone gebildet, die mit einem goldenen Nest abschließt. In dem Nest steht ein Pelikan, der mit seinem Herzblut seine Jungen füttert, um sie vor dem Tod zu retten. Die Szene ist ein Symbol für den Opfertod Christi.
Die fliegende Taube auf der Unterseite des Schalldeckels gemalt erinnert an das
Pfingstgeschehen.
Das Gemälde an der Kanzelrückwand stellt Johannes den Täufer dar, eingehüllt in ein Fell aus Kamelhaar, der Lilienstab mit dem Kreuz lehnt an seiner Schulter. Johannes kniet vor dem Bergquell nieder und fängt mit einer Muschelschale das Quellwasser auf. Johann Jakob Hauck soll dieses Bild 1722 gemalt haben.
Kanzelbilder
Die Füllungen der Kanzel zeigen in Öl auf Holz gemalt die vier Evangelisten: Matthäus mit dem Engel, Markus mit dem Kopf eines Löwen in der rechten Ecke, Lukas und Johannes.
Gemälde an der Empore im Kirchenschiff
Die Empore an der West- und halben Nordseite war früher den Männern vorbehalten. Die 19 Darstellungen, in Öl auf Holz gemalt, stellen, wie die darunter stehenden Namen zeigen, bekannte Persönlichkeiten aus der Bibel dar. Auch diese Bilder soll Johann Jakob Hauck 1721/22 geschaffen haben.
Lutherbild
An der südlichen Längswand hängt das große Ölgemälde (auf Leinwand), das den Reformator Martin Luther in Lebensgröße zeigt. Er hält die Bibel in der Hand. Rechts von ihm sehen wir einen Schwan. Eine in unserer Gegend seltene Darstellung Luthers.
Johann Jakob Hauck, der das Bild 1722 malte, wollte mit der Darstellung des Schwans auf einen Ausspruch von Johann Hus hinweisen, den dieser vor seiner Verbrennung am 6. Juli 1415 in Konstanz sinngemäß geäußert haben soll: „Heute bratet ihr eine Gans, aber über hundert Jahre werdet ihr einen Schwan hören singen, den Ihr nicht zum Schweigen bringen werdet.“
Die Kirchendecke
Die Kirchendecke besteht aus Lärchenholz. Die brotkorbartige Wirkung entstand dadurch, dass man das Holz so verarbeitete, wie es gewachsen war. Die mit der Hand gearbeiteten Profilleisten verstärken die Wirkung und verleihen der Decke eine große Lebendigkeit. Die schwebenden Engelsgestalten scheinen mit ihrer Botschaft auf den Spruchbändern durch den Kirchenraum zu schweben.
Glasfenster
Die meisten Glasfenster sind noch die ursprünglichen. Sie wurden aus handgewalztem und mit Stein geschnittenem Glas hergestellt und in Blei eingefasst. Auf den ursprünglich völlig weißen Scheiben entstanden im Laufe der Jahrhunderte durch chemische Zersetzungen Farbschattierungen.
Glockenstuhl
Der Glockenstuhl aus dem Jahr 1764 ist besonders wertvoll. Er besteht aus geflößtem Eichenholz: das Eichenholz lag ca. 20 Jahre im Wasser bevor es verarbeitet wurde. Das Holz wurde steinhart.
Die Glocken
Die drei Glocken stammen ebenfalls aus dem Jahr 1764. Sie tragen die Aufschrift: In Gottes Namen lob ich – Johann Peter Bach in Windecken goss mich 1764. Die größte Glocke hat einen Durchmesser von 96 cm, die mittlere von 84 cm, die kleinste von 78 cm. Die Glockentöne „ges, fes und des“ bilden das Motiv „Herr, Gott, dich loben wir“.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die beiden größten Glocken ausgebaut und abtransportiert, glücklicherweise wurden sie nicht zerschlagen und eingeschmolzen, so dass die Gemeinde sie 1947 wieder zurückholen konnte.
Marianne Peilstöcker